Die Hintergründige sind vielfältig. Neben den Tiefbauarbeiten im Auftrag der Stadtwerke Penzberg sind auch zahlreiche weitere Akteure wie Stromversorger, Kabelnetzbetreiber, Gasversorger, Straßenbaulastträger und private Bauherren im Stadtgebiet tätig. Wo es möglich ist, werden die Arbeiten gebündelt. Die Stadtwerke Penzberg betreiben neben den Anlagen zur Abwasserentsorgung, also den Kanälen, Pumpwerken, Regenrückhaltebecken etc., auch die öffentliche Trinkwasserversorgung, die Fernwärmeversorgung und ein Breitbandglasfasernetz. Alle diese Netze müssen unterhalten, saniert, erneuert, ausgebaut und an die aktuellen wie zukünftigen Anforderungen angepasst werden, was aufgrund der Erdverlegung Tiefbauarbeiten erforderlich macht.
Hierfür gibt es viele Gründe. Der teils schlechte bauliche Zustand, also Schäden und Undichtigkeiten, führt dazu, dass zum einen Abwasser austreten und so Boden sowie Grundwasser verunreinigen kann und zum anderen, Grund- oder Schichtenwasser in die kaputten Kanäle eindringen kann. Beides ist nicht zulässig und nachteilig für die Umwelt. Eintretendes Fremdwasser muss wie das übrige Abwasser unter Energieaufwand und über entsprechend dimensionierte Anlagen zur Kläranlage gepumpt und dort aufwändig gereinigt werden.
Daneben sind die vorhandenen Kanäle teilweise mittlerweile schlicht zu klein, was auch im Zuge der Erstellung des Generalentwässerungsplans (GEP) nachgewiesen wurde. Damit das Kanalnetz auch das bei selteneren und zukünftig zu erwartenden Niederschlagsereignissen anfallende Abwasser möglichst schadlos ableiten kann, ohne dass es zu Überstau und womöglich Überflutungen kommt, müssen die Durchmesser der betroffenen Kanäle entsprechend vergrößert werden und Rückhalteräume geschaffen werden. Aus den Rückhalteräumen, beispielsweise in Form von Stauraumkanälen und Rückhaltebecken, wird das zurückgehaltene Abwasser gedrosselt und zeitversetzt abgeleitet, so dass die Beaufschlagung der Kanäle optimiert wird.
Da die Kanalisation in Penzberg historisch bedingt in weiten Bereichen als Mischsystem ausgebildet ist, in dem Niederschlagswasser und Schmutzwasser gemeinsam abgeleitet werden, sind die Belastungen infolge seltenerer Niederschläge auch für die Mischwasserentlastungen in die Vorfluter ursächlich. Um diese Entlastungsereignisse hinsichtlich Häufigkeit und Intensität entsprechend der behördlichen Vorgaben zu reduzieren, muss das vorhandene Mischsystem sukzessive und dort wo es möglich und sinnvoll ist, in ein Hybridsystem aus Trennsystem und Mischsystem umgebaut werden. Der Umbau in ein reines Trennsystem ist auch perspektivisch nicht möglich, da dafür die Randbedingungen in Penzberg zu ungünstig sind. Das Hybridsystem stellt in Penzberg die optimale Lösung dar.
Dies ist neben der rasanten städtebaulichen Entwicklung, dem historisch gewachsenen Mischsystem und dem teils schlechten Zustand der Anlagen vorwiegend durch die natürlichen Gegebenheiten bedingt. Ein Faktor ist die in entwässerungstechnischer Sicht nachteilige Topographie (viele Hügel und Täler, z. B. von Kirnberg über Wölfl bis Breunetsried). Diese ist schwerkraftgetrieben und schließt so eine durchgehende Entwässerung im Freispiegel aus, was das Pumpen des Abwassers erfordert. Daneben, weist der insgesamt sehr heterogene Untergrund in weiten Bereichen keine ausreichende Sickerfähigkeit auf, so dass Niederschlagswasser auch abgeleitet werden muss und nicht, wie beispielsweise in der Münchner Schotterebene, versickert werden kann. Die Vorfluter, also Bäche und Gräben im Stadtgebiet, in die das Niederschlagswasser und die Mischwasserabschläge infolge starker Niederschläge gut eingeleitet werden könnten, sind wenig leistungsfähig, d. h. sehr klein bis zu klein. Dementsprechend wenig Wasser können sie aufnehmen. Die Loisach ist zu weit entfernt. In Penzberg treffen somit eine Vielzahl entwässerungstechnisch betrachtet ungünstiger Randbedingungen zusammen, die eine komplexe Situation schaffen, welche wiederum die Umsetzung entsprechend aufwändiger Lösungen im Bestand erfordert.
Grundsätzlich sind solche Verfahren auch in Penzberg einsetzbar und werden, wo es möglich ist, angewandt. Oftmals ist dies aber unter anderem aufgrund der geologischen Verhältnisse, der dichten Spartenlage, der Lage im Bereich dichter Bebauung und des Planungsziels, also beispielsweis der deutlichen Querschnittsvergrößerung, nicht möglich bzw. nicht sinnvoll. Ein Aspekt hierbei ist, dass an die Hauptleitungen im dicht bebauten städtischen Bereich quasi „alle paar Meter“ ein Hausanschluss angeschlossen werden muss. An diesen Stellen müsste in jedem Fall aufgegraben werden. In der Regel finden in unseren Tiefbauprojekten offene und grabenlose Bauverfahren je nach Eignung Anwendung statt.
Grundsätzlich muss die am tiefsten liegende Sparte und dabei jeweils die Hauptleitung zuerst verlegt werden. In aller Regel liegen die Kanäle am tiefsten, höher liegen die Trinkwasserversorgungsleitungen, noch flacher auf etwa einer Höhe laufen die Fernwärmeleitungen sowie Strom- und Datenleitungen. Wenn also der Hauptkanal in einem Bauabschnitt verlegt ist, muss der vorhandene Rohrgraben entlang der Straße verfüllt werden. Dann können nach und nach die Rohrgräben für die in etwa senkrecht dazu angeordneten Hausanschlussleitungen ausgehoben werden und die dazugehörigen Rohre verlegt werden. Danach wiederholt sich das Vorgehen für die übrigen Sparten in ähnlicher Weise. Würde man anders vorgehen, müssten jeweils tiefliegende Hauptleitungen unter höher liegenden Hausanschlussleitungen hindurch gefädelt werden, was baubetrieblich schwer möglich ist. Befindet sich im Bestand parallel zur neuen Leitung eine alte Leitung, die ersetzt werden soll, muss diese so lange in Betrieb bleiben, bis die neue funktionsfähig hergestellt ist. Dadurch ergeben sich weitere Abhängigkeiten, da die alte Leitung bei der Erstellung der Hausanschlussleitungen auf dieser Seite nach und nach zerstört wird. Daher können in solchen Fällen die seitlich der Hauptleitung in Richtung der alten Leitung abgehenden Hausanschlussleitungen erst nach und nach errichtet werden. Bei Kanälen erfolgt dies in Fließrichtung, bei Trinkwasserleitungen entgegen der Fließrichtung. Durch die hier skizzierten Abhängigkeiten muss der Aufgrabungsbereich innerhalb des Baufelds öfter hin und her springen.
Neu verlegte Leitungen müssen mit unterschiedlichsten Prüfverfahren überprüft werden. Dies erfolgt bei Kanälen unter anderem in Form von Druckprüfungen und Kamerabefahrungen, um Undichtigkeiten auszuschließen. Trinkwasserleitungen werden ebenfalls mittels Druckprüfungen untersucht, darüber hinaus werden Wasserproben aus den noch nicht eingebundenen Leitungen genommen und im Labor analysiert. Bei Fernwärmeleitungen sind beispielsweise Röntgenprüfungen der Schweißnähte erforderlich. Die Auswertung einiger dieser Untersuchungen nehmen mehrere Tage in Anspruch. Erst wenn die entsprechenden Ergebnisse vorliegen, können die neuen Leitungen in Betrieb genommen und an die Bestandsnetze angebunden werden. Manche dieser Überprüfungen müssen bei offenem Rohrgraben stattfinden, bei anderen kann der Rohrgraben auch schon wieder verfüllt sein und nur noch an den Anschlussstellen an den Bestand eine Grube bleiben. Viele der auszuführenden Arbeiten sind zudem sehr wetterabhängig, was zu Bauunterbrechungen führen kann. Es liegt im Interesse aller Beteiligter den Bauablauf so effizient wie möglich zu gestalten. Daher werden während der Wartezeiten in der Regel Arbeiten an anderer Stelle erledigt.
Um die Auswirkungen der Bauarbeiten auf den Verkehr sowie die Anlieger zu minimieren und die einzelnen Projekte effizient abwickeln zu können, werden die Schnittstellen auch zu Projekten anderer Projektträger sowie die jeweiligen Auswirkungen durch die Stadtwerke proaktiv im Vorfeld mit den Beteiligten abgestimmt. Daran sind neben den jeweiligen Projektträgern, zahlreichen Abteilungen der Stadtverwaltung, Rettungsorganisationen und teilweise Landkreisbehörden sowie auch die unmittelbar betroffenen Anlieger beteiligt. Das ist relativ aufwändig und bedarf neben einem hohen Maß an Professionalität auch viel an Kompromissbereitschaft und Flexibilität. Am Ende kann jedoch so sichergestellt werden, dass alle Belange in gebührender Weise berücksichtigt werden. An dieser Stelle muss darauf hingewiesenen werden, dass mit steigenden Anforderungen an die Minimierung der Auswirkungen von Baustellen auch entsprechende Mehrkosten einhergehen und dennoch in Penzberg, insbesondere angesichts der sehr hohen erforderlichen Bauaktivität, ein weit und breit so nicht anzutreffender Standard erreicht wurde. Dennoch mag das Zusammenspiel der Baustellen vordergründig chaotisch und teilweise frustrierend wirken, bei genauerer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass die Projekte aus dem Jahr 2022 sehr gut ineinandergegriffen haben und die Auswirkungen angesichts der großen Herausforderungen minimiert wurden.
Wie der Blick in die Vergangenheit zeigt, sind Betrieb, Unterhalt, Sanierung, Ausbau und Adaption der öffentlichen Ver- und Entsorgungsinfrastruktur eine nie endende Generationenaufgabe. Inwieweit sich die erforderliche Bauaktivität in Zukunft angesichts sich zunehmend dynamisch verändernden Randbedingungen mit unter anderem den Auswirkungen von Klimawandel, Stadtentwicklung und den sich fortwährend ändernden technischen und rechtlichen Vorgaben deutlich reduzieren lässt, ist fraglich. Das Ziel ist, wie schon seit Anbeginn der Zeit, irgendwann einmal fertig zu werden. Zumindest in den nächsten Jahren wird jedoch weiterhin eine hohe Bauaktivität erforderlich sein, um sämtlichen Anforderungen bestmöglich gerecht werden zu können.
Eine intakte, leistungsfähige und zukunftsfähige öffentliche Ver- und Entsorgungsinfrastruktur ist elementar für die hier sehr guten und sicheren Lebensumstände. Allerdings verschwindet diese Erkenntnis mitunter aus dem Blickfeld der allgemeinen Wahrnehmung, weil seit langem sauberes und sicheres Trinkwasser aus dem Hahn, eine zuverlässig funktionierende Abwasserentsorgung, leistungsfähiges Internet und eine auch im Winter verlässlich warme Wohnung glücklicherweise als Selbstverständlichkeit wahrgenommen werden können. Die Stadtwerke betreiben in allen Bereichen einen hohen Aufwand, um den geltenden rechtlichen wie technischen Anforderungen gerecht zu werden und so weiterhin ihren Beitrag zu guten und sicheren Lebensumstände für die Penzberger Bürger zu leisten sowie ein günstiges Umfeld für ortsansässigen Betriebe zu schaffen.